CO2 dauerhaft in Abbruchbeton speichern? Neustark macht’s möglich!

Hallo Valentin, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst ! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei neustark kurz vor:

Gerne! Mein Name ist Valentin und ich bin Co-Founder und CEO von Neustark. Wir sind ein Team von 60 Mitarbeitenden und arbeiten über drei Offices in Bern, Zürich und Köln zusammen. Wir alle teilen eine gemeinsame Vision: Positiven Impact für unser Klima generieren.

Vielleicht möchtest Du uns Euer Startup, ganz zu Beginn unseres Interviews, kurz vorstellen ?

Wir bei neustark verwandeln mineralische Abfallströme in Kohlenstoffsenken. Wir haben eine Lösung entwickelt und ausgerollt, die CO2 in mineralischen Abfallströmen wie bspw. Abbruchbeton oder Schlacken mineralisiert. So wird es dauerhaft gespeichert und der Atmosphäre entzogen. Dafür arbeiten wir mit Biogasanlagen zusammen, um von ihnen CO2 abzufangen, mit Baustoffrecyclern und Aufbereitern von mineralischen Abfällen, um bei ihnen CO2 zu speichern sowie mit Unternehmen mit ehrgeizigen Klimazielen, die unsere CDR-Zertifikate (Carbon Dioxide Removal) erwerben.

In anderen Worten: Mit unserer Technologie entfernen wir CO2 dauerhaft und erzeugen so wichtige Negativemissionen.

Bis 2030 wollen wir dauerhaft 1 Million Tonnen CO2 entfernen. Im Vergleich zu vielen Mitbewerbern haben wir unsere Technologie bereits ausgerollt. Derzeit haben wir 12 Speicheranlagen in Betrieb und viele weitere sind europaweit in Planung.

Welches Problem wollt Ihr mit neustark lösen?

Konkret wollen wir dem Klimawandel entgegenwirken, um den jetzigen und den nachfolgenden Generationen auf unserem Planeten eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Dazu müssen wir die Treibhausgasemissionen auf “Netto Null” reduzieren– jedes Kilogramm CO2, das in die Atmosphäre gelangt, muss dieser wieder entnommen und permanent gespeichert werden. Die Schweiz beispielsweise stösst heute rund 40 Millionen CO2 pro Jahr aus. Der Bundesrat geht davon aus, dass sich bis 2050 rund 30 Millionen Tonnen vermeiden lassen. Für die restlichen 10 Millionen Tonnen brauchen wir also sogenannte Negativemissionstechnologien. Hier kommen wir mit unserer Technologie ins Spiel, und helfen dabei, schwer vermeidbare Emissionen dauerhaft zu entfernen.

Wie ist die Idee zu neustark entstanden ?

Vor neustark arbeitete ich bei einem Climate-Tech-Unternehmen, welches CO2 aus der Luft filtert und geologisch speichert. In einem Artikel las ich, dass man CO2 auch permanent in mineralischen Abfallströmen speichern kann. Diese Tatsache faszinierte mich und dem ich ging nach. Jedoch kam ich schnell zur Erkenntnis, dass mein betriebswirtschaftlicher Hintergrund allein nicht ausreicht, um meine Vision umzusetzen. Über einen Bekannten lernte ich Johannes Tiefenthaler kennen, der sich an der ETH Zürich aus wissenschaftlicher Perspektive mit dem Thema beschäftigte. Zusammen gründeten wir 2019 neustark.

Wie würdest Du Deiner Großmutter neustark erklären ?

Neustark ist ein Unternehmen, welches sich zum Ziel gesetzt hat, dem Klimawandel entgegenzuwirken. Wir tun das, indem wir CO2, welches den Klimawandel massgeblich beeinflusst, direkt aus Biogasanlagen abscheiden und in mineralischen Abfallströmen wie bspw. Abbruchbeton speichern. Dadurch wird das CO2 dauerhaft aus der Atmosphäre entfernt und die Menge an CO2 die sich in der Luft befindet wird reduziert.

Hat sich Euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert ?

Anfangs lag unser Fokus vor allem auf Abbruchbeton. In den letzten Jahren kamen weitere mineralische Abfallströme wie Restwasser aus der Reinigung von Betonmischern oder Schlacke hinzu. Derzeit arbeitet unser Research & Development Team intensiv daran, unsere bestehenden Prozesse zu optimieren und weitere Möglichkeiten zur Speicherung von CO2 zu finden.

Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell ?

Wir arbeiten entlang der gesamten Wertschöpfungskette: Von der Quelle, über die Senke bis zum Zertifikat. Wir installieren unsere Speicheranlagen auf dem Gelände unserer Partner (z.B. Baustoffrecycler und Betonproduzenten). Diese beitreiben die Anlagen selbstständig bzw. Speichern das CO2 entlang ihres Recyclingprozesses und wir sorgen für den entsprechenden Nachschub an CO2. Durch unseren Prozess werden wichtige Negativemissionen generiert. Diese Zertifikate können wir anschliessend auf dem freiwilligen Zertifikatemarkt verkaufen. Unternehmen mit ambitionnierten Klimazielen kaufen diese als Ergänzung zu ihren Reduktionsbemühungen und unsere Partner erhalten eine Rückvergütung. Ähnlich funktioniert es bei unseren CO2-Quellen. Für jede Tonne CO2 die wir abscheiden, erhalten unsere Partner eine Vergütung.

Wie genau hat sich neustark seit der Gründung entwickelt ?

Seit seiner Gründung im Jahr 2019 hat sich neustark in vielerlei Hinsicht entwickelt. Angefangen haben Johannes und ich mit der Vision, CO2 dauerhaft in Abbruchbeton zu speichern. Damals hatten wir keine Anlagen, kein Team und nicht einmal ein Büro. Seitdem hat neustark viele bedeutende Meilensteine erreicht, darunter die Patentierung unserer Mineralisierungstechnologie im Sommer 2019, die Inbetriebnahme der ersten mobilen Pilotanlage „Pioneer“ im Juli 2020 und den Umzug in unsere heutigen Büros. Heute sind wir 60 Neustarker und haben 14 Abscheidungs- und Speicheranlagen in der Schweiz und in Deutschland in Betrieb, mit deren Hilfe wir bereits über 1300 Tonnen CO2 dauerhaft entfernt haben (Stand März 2024). Doch wir stehen erst am Anfang unserer Reise und sind gespannt auf alle weiteren Meilensteine, die vor uns liegen.

Wie groß ist Euer Startup inzwischen ?

Derzeit beschäftigen wir 60 Mitarbeitenden in unseren Offices in Bern, Zürich und Köln. Im Jahr 2023 haben wir die Umsatzmarke von USD 10Mio geknackt und wollen in den nächsten drei Jahren den Break-Even schaffen.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ?

Schief gegangen ist seit der Gründung sicherlich einiges und das tut es nach wie vor. Die Carbon Removal Industrie steckt noch in den Kinderschuhen. Das gibt uns auf der einen Seite einen gewissen Vorsprung aber auf der anderen Seite müssen wir natürlich selbst viel ausprobieren. Wer viel probiert, stösst natürlich auch auf Hindernisse. Als wir beispielsweise unsere erste Pilotanlage zur CO2-Verflüssigung in Betrieb genommen haben, sind wir auf vielerlei Herausforderungen gestossen, die wir aus den Tests aus dem Labor noch nicht gekannt haben.

Was habt Ihr daraus gelernt ?

Ganz klar: Gute Kommunikation mit unseren Partnern ist der Schlüssel zum Erfolg. Wir brauchen engagierte und motivierte Partner, die unsere Vision vor Ort in die Realität umsetzen. Keiner kann die Welt alleine retten. Ausserdem hilft es, in Problemsituationen alle möglichen Ursachen systematisch durchzugehen, auch wenn sie noch so unwahrscheinlich erscheinen. Und das Wichtigste: Dranbleiben! Gerade in herausfordernden Zeit ist eine gewisse Hartnäckigkeit und Disziplin nötig, um weiterzukommen.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?

Wir wollen immer möglichst schnell den grösstmöglichen Impact rausholen. Deshalb arbeiten wir auf allen Ebenen mit einem Netzwerk aus starken Partnern zusammen. Und das ist, was uns ausmacht – und letztendlich von vielen anderen Unternehmen in der Industrie unterscheidet: Wir generieren bereits heute Wirkung und entfernen täglich Tonne um Tonne CO2.

Wie ist Euer Startup finanziert ?

Wir finanzieren uns durch den Verkauf und Wartung der Anlagen wie auch durch den Verkauf von Zertifikaten. Würde das im Präsens schreiben: Darüber hinaus nehmen wir regelmässig an verschiedenen EU-finanzierten Forschungs- und Förderprogrammen teil. Letztendlich kriegen wir auch Unterstützung durch Investoren.

Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?

Da gibt es viele Punkte auf unserer Agenda. Einerseits streben wir danach, in den bestehenden Ländern unsere Tätigkeiten zu vertiefen und weitere Anlagen zu bauen. Andererseits planen wir bereits heute, den Markteintritt in vier weiteren europäischen Ländern und wollen den Sprung über den Atlantik in die USA einleiten.

Vielen Dank für das Interview.

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