Interview mit Anian, Mitgründer und Geschäftsführer von Koa Switzerland AG

Hallo Anian, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst ! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei Koa kurz vor:

Mein Name ist Anian Schreiber und ich bin Mitgründer und Geschäftsführer von Koa. Unser Start-up ist ein schweizerisch-ghanaisches Unternehmen und wir fokussieren uns auf das Upcycling des Kakaopulps, der die Bohnen umhüllt. Wir arbeiten eng mit Kleinbauern im ländlichen Ghana zusammen, um ihnen ein zusätzliches Einkommen zu verschaffen und sie in nachhaltigen landwirtschaftlichen Praktiken zu schulen. Unser Geschäftsmodell basiert auf der so genannten Triple-Bottom-Line „People, Planet, Profit“ und zielt darauf ab, den Kakaosektor zu verändern. So entstehen Zutaten wie Saft, Konzentrat und Pulver, die alle rein natürlich sind und ausschließlich aus der Kakaopulpe gewonnen werden. Die nachhaltigen Zutaten werden dann von unseren Kunden in Schokoladenprodukten, Süßwaren und Getränkekreationen verwendet.

Vielleicht möchtest Du uns Euer Startup, ganz zu Beginn unseres Interviews, kurz vorstellen ?

Koa ist ein schweizerisch-ghanaisches Unternehmen, das Teile der Kakaofrucht, die bisher verloren gingen verwertet und sie in leckere Zutaten wie Fruchtsäfte, Konzentrate und Pulver verwandelt, die alle rein natürlich sind und ausschließlich aus der Kakaopulpe gewonnen werden. Diese nachhaltigen Zutaten werden von den Kunden von Koa in der Gastronomie, Süßwarenindustrie, Bäckerei, Lebensmittel- und/oder Getränkeindustrie verwendet. Durch das Upcycling der Kakaomasse trägt Koa dazu bei, die Lebensmittelverschwendung um ca. 40 % zu reduzieren und das Einkommen der Kakaobauern zu erhöhen.

Mit der Mission, Bauern ein zusätzliches Einkommen zu ermöglichen und einen positiven Impact auf den Planeten zu haben, definiert Koa Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung in der Branche neu. Als B Corp™ verankert Koa seine Mission in seiner Geschäftstätigkeit und konzentriert sich auf die Triple-Bottom-Line „People, Planet and Profit“. Heute widmen sich 100 Mitarbeitende in Ghana und der Schweiz der Aufgabe, mit der Herstellung von Zutaten für die Gastronomie und die Lebensmittel- und Getränkeindustrie einen positiven Impact zu erzielen.

Welches Problem wollt Ihr mit Koa lösen?

Durch die Nutzung des bisher verlorenen Kakaofruchtfleischs kurbeln wir die lokale Wirtschaft im ländlichen Ghana an. Dank der Verarbeitung der frischen Pulpe können wir den Kleinbauern ein zusätzliches Einkommen ermöglichen und gleichzeitig Arbeitsplätze für junge Einheimische aus den ländlichen Gemeinden schaffen.

Der ghanaische Kakaosektor ist uns sofort aufgefallen. Die meisten Kakaobauern leben in Armut, die die Ursache für Kinderarbeit, Abholzung und andere Probleme ist. In der zweitgrößten Kakaoanbauregion der Welt bewirtschaften mehr als 800.000 Kleinbauern abgelegene Plantagen mit einer durchschnittlichen Größe von 2 Hektar. Die Weiterverarbeitung der Kakaofrüchte hat sich seit Jahrhunderten nicht verändert und bleibt aufgrund des schwierigen Zugangs zu den Anbaugebieten ohne technologische Entwicklung. Deshalb konnten bisher nur die Bohnen verarbeitet werden, die nur einen Bruchteil der Frucht ausmachen (in unserer Region etwa 25 %).

2017 haben wir damit begonnen, einen Prozess zu etablieren, der sich nahtlos in das lokale und traditionelle Umfeld der Kakaoernte einfügt. Heute arbeiten wir mit mehr als 3200 Kleinbauern zusammen und haben 83 Teammitglieder in Ghana.Wir arbeiten eng mit kleinen Kakaobauern zusammen und extrahieren den Saft und das Fruchtfleisch mit einer mobilen, solarbetriebenen Verarbeitungsanlage direkt neben den Kakaofarmen. Das Fruchtfleisch wird schonend verarbeitet, wobei wir genügend Fruchtfleisch an den Bohnen lassen, um sicherzustellen, dass die Fermentierung der Bohnen noch auf natürliche Weise erfolgt. Nach der Verarbeitung werden die Bohnen an ihre Besitzer zurückgegeben, damit diese die traditionelle Verarbeitung der Bohnen fortsetzen können. Der gesamte Prozess ist digital rückverfolgbar. Wir haben kürzlich ein bahnbrechendes Transparenzsystem eingeführt, das alle Zahlungen automatisch überprüft und auf einer emissionsarmen Blockchain speichert, um radikale Transparenz zu gewährleisten.

 Im August 2023 eröffnete Koa seine zweite und größte Fabrik zur Verarbeitung von Kakaopulpe in Afrika, wodurch weitere 10.000 Bauern unterstützt und 250 neue Arbeitsplätze im ländlichen Ghana geschaffen werden, was Koa zu einem der größten Arbeitgeber im ländlichen Ghana macht.

Kurz gesagt, unser Ziel ist es, ländliche Gemeinden in Westafrika zu unterstützen, damit sie einen sinnvollen Beitrag zum globalen Lebensmittelsystem leisten können, der einzigartige Geschmackserlebnisse und positiver Impact ermöglicht.

Wie ist die Idee zu Koa entstanden ?

Im Jahr 2017 hatten wir die zündende Idee, wie wir zur Entwicklung im ländlichen Ghana beitragen können. Dass wir die traditionelle Arbeits- und Lebensweise der Bevölkerung schützen wollen, war die Grundlage, auf welcher wir unser Startup Koa gründeten. Die Möglichkeit, dank nachhaltigen und innovativen Methoden ein umweltschonendes Business aufzubauen, war dabei stets die treibende Kraft.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Koa erklären ?

Koa erhöht das Einkommen von Kakaobauern, indem es die Teile der Kakaofrucht, die bisher verloren gingen, verwertet. Das Schweizer-ghanaische Start-up hat es sich zur Aufgabe gemacht, fruchtige Süssungsmittel, Konzentrate und Fruchtsäfte herzustellen, die nicht nur hervorragend schmecken, sondern auch eine nachhaltige Alternative darstellen.

Hat sich Euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert ?

Ja. Als wir Koa 2017 gegründet haben, lag unser Hauptziel in der produktiven Nutzung von Solarstrom, um die ländliche Wirtschaft zu stimulieren. Zuvor analysierten wir bestehende Wertschöpfungsketten, um Optimierungspotenziale zu identifizieren. Wir haben festgestellt, dass die Kakao-Wertschöpfungskette einen großen Bedarf hat, die Nutzung der natürlichen Ressourcen und die Lebensgrundlage der Menschen zu verbessern. Also begannen wir, die Kakaopulpe zu nutzen, um den Bauern ein zusätzliches Einkommen zu verschaffen und Arbeitsplätze im ländlichen Ghana zu schaffen, während wir der Süßwaren- und Lebensmittelindustrie einzigartige und nachhaltige Produkte anbieten, die den Wünschen der Verbraucher entsprechen.

Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell ?

Das Geschäftsmodell von Koa basiert auf der Triple-Bottom-Line “people, planet, profit”. Es besteht aus direkten Partnerschaften mit Tausenden von Kleinbauern im ländlichen Ghana, wodurch Zwischenhändler übersprungen werden und sichergestellt wird, dass die Bauern faire Löhne erhalten. Auf sozialer Ebene strebt Koa an, die Lebensgrundlagen der Kleinbauern zu verbessern und soziale Gerechtigkeit zu fördern, indem faire Arbeitspraktiken gewährleistet, in die Entwicklung von Gemeinschaften investiert und Frauen gestärkt werden. Um die Umwelt zu schonen, zielt Koa unter anderem darauf ab, Lebensmittelverschwendung in der Kakaoindustrie zu reduzieren, den CO2-Fußabdruck zu verringern und beste landwirtschaftliche Praktiken zu fördern, um die Nachhaltigkeit auf Farmen zu verbessern. Aus geschäftlicher Sicht strebt Koa an, ein finanziell nachhaltiges Unternehmen aufzubauen, das einen positiven Ertrag für alle Stakeholder generiert, während es gleichzeitig Wert für Kunden und Verbraucher schafft.

Um den Erfolg in diesen Bereichen zu messen, verwendet Koa eine Vielzahl von Metriken und Indikatoren, darunter Umweltauswirkungsanalysen, soziale Auswirkungsanalysen, finanzielle Leistungsmetriken und Rückmeldungen der Stakeholder. Durch regelmäßiges Verfolgen und Berichten dieser Metriken kann Koa seinen Fortschritt bei der Verwirklichung seiner Mission bewerten und bei Bedarf Anpassungen vornehmen, um sicherzustellen, dass es positive Auswirkungen erzielt und Wert für alle Stakeholder schafft.

Wie genau hat sich Koa seit der Gründung entwickelt ?

Koa produzierte anfangs nur reinen Kakaofruchtsaft. Heute haben wir unser Angebot an nachhaltigen Produkten um zwei weitere Produkte erweitert: Koa Concentrate (konzentrierter Saft) und Koa Flakes (getrocknete Kakaofrucht), die es in zwei Varianten gibt: Pur oder gemischt mit Kakaopulver. Mit diesen Produkten konzentrieren wir uns derzeit auf zwei Segmente: Zum einen Food Service (Gastronomie, Süßwaren, Bäckerei und Konditorei). Zum anderen die Lebensmittel- und Getränkeindustrie.

Im Food Service hat sich Koa Pure (100% natürlicher Kakaofruchtsaft) zu einer vielseitigen Zutat entwickelt – sei es für Getränke oder in der salzigen und süßen Küche. Das Koa Concentrate und die Koa Flakes sind für industrielle Kunden gedacht. Das Konzentrat ist aufgrund seiner höheren Intensität leicht zu dosieren und ist eine spannende Zutat für experimentierfreudige Lebensmittelhersteller, zum Beispiel für Füllungen und Geleeanwendungen.

Die innovativen Koa Flakes, die kürzlich auf den Markt gebracht wurden, sind eine vielseitige Zutat, die in einer Vielzahl von Kreationen verwendet werden kann und aufregende Geschmacks- und Texturschichten hinzufügt. Koa Flakes sind 100% getrocknete Kakaopulpe für fruchtige oder knusprige Füllungen, Toppings oder als natürliches Süßungsmittel. Koa Choco Flakes hingegen ist getrocknete Kakaopulpe, die mit Kakaopulver gemischt wird, um die Verwendung in Schokoladenkreationen noch einfacher zu machen.

In Ghana verkaufen wir direkt an Konsumenten und bieten Ghanaern einen frischen Geschmack ihrer eigenen Kakaofrucht.

Wir arbeiten stets an weiteren Innovationen, um die Nachhaltigkeit und den Impact ganzheitlich voranzutreiben.

Wie groß ist Euer Startup inzwischen ?

Unser Team besteht aus 100 Vollzeitbeschäftigten (83 in Ghana und 17 in der Schweiz) und wir haben vier Büros, drei in Ghana und eines in Zürich, Schweiz.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ?

Ich denke, es ist schwierig zu sagen, was wirklich schief gelaufen ist, denn wir standen vor ziemlich vielen Herausforderungen, die alle sehr unterschiedlich waren. Zu Beginn unseres Projekts mussten wir erst einmal das Vertrauen der Bauern gewinnen und technologische Schwierigkeiten überwinden. Das Frühjahr 2020 war aber auf jeden Fall ein hartes Jahr, in dem viele Dinge zusammenkamen. COVID hat sich massiv auf unser Geschäft ausgewirkt, denn 90 % unserer Einnahmen kamen damals aus de Food Service. Finanziell war dies einer der schwierigsten Momente, und die meisten Investoren waren angesichts einer globalen Pandemie verängstigt. Letztendlich haben wir es aber geschafft, die stürmischen Zeiten zu überstehen. Unser Team ist stärker denn je und wir haben kürzlich erfolgreich unsere Series B-Finanzierungsrunde abgeschlossen.

Was habt Ihr daraus gelernt ?

Die Herausforderung zu Beginn bestand darin, dass wir etwas taten, was noch nie zuvor jemand getan hatte. Dazu mussten wir das Vertrauen unserer Partner gewinnen, damit wir alle an einem Strang ziehen konnten.

Die anfängliche Skepsis der Bauern und die technischen Schwierigkeiten haben uns gezeigt, wie wichtig es ist, durch transparente Kommunikation und kontinuierliche Schulungen Vertrauen aufzubauen. So führten wir beispielsweise häufig Workshops mit den Bauern durch, in denen wir ihnen die Technologie im Detail erklärten und ihre Bedenken direkt ansprachen. Diese Transparenz half uns, ihre anfängliche Skepsis zu überwinden und ein kooperatives Umfeld zu schaffen. Dieser Fokus auf Transparenz und Vertrauen wurde zur Grundlage für alle unsere Kooperationen.

Die Herausforderungen zwangen uns auch dazu, innovativ zu sein und neue Lösungen zu finden. Wir mussten kreativ und anpassungsfähig sein, um die unerwarteten Schwierigkeiten zu überwinden und auf die spezifischen Bedürfnisse unserer Partner einzugehen.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?

Für uns stand von Anfang an die Frage nach dem sinnstiftenden Zweck unseres Projektes im Vordergrund, dem «Warum». Um eine verantwortungsvolle Wertschöpfung und die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung zu erreichen, mussten die Prozesse von unten nach oben aufgebaut werden. Das bedeutet, dass die Bauern, die lokalen Bevölkerung und unsere Mitarbeitenden bei der Gestaltung unseres Prozesses eine zentrale Rolle spielen. Ihr Wissen ist das Rückgrat unseres Systems, und ihr wertvoller Beitrag und ihre Motivation sind die Triebfeder für unsere Arbeit. Der Grund für unseren Erfolg ist, dass die Bauern und unser Team in Ghana im Mittelpunkt des Ganzen stehen.

Wie ist Euer Startup finanziert ?

Auch wenn Koa auf eine grossartige Nachfrage stösst, können wir die Wachstumspläne noch nicht aus den eigenen Umsätzen finanzieren und sind derzeit noch auf Investitionen angewiesen.

Zu unseren Investoren zählen Privatpersonen, Family Offices und institutionelle Investoren. Kürzlich haben wir unsere Series B-Finanzierungsrunde mit 15 Millionen USD abgeschlossen. 

Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?

Wir haben einen mehrjährigen Detailplan mit Meilensteinen und verschiedenen Szenarien – ein Muss für jede Firma mit Ambitionen. Aber getreu unserem sportlichen Gemüt ist für uns immer der nächste Meilenstein bzw. das nächste Jahr das wichtigste. Der Fokus liegt in den kommenden Monaten auf Kapazitätssteigerung der beiden Verarbeitungsstätte, Intensivierung unserer kommerziellen Aktivitäten.

Vielen Dank für das Interview.

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