Zukunft durch Pilze?

Hallo Moritz, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst ! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei Mycrobez kurz vor:

Hallo zusammen, mein Name ist Moritz und ich bin Mitgründer sowie Mitglied der Geschäftsleitung bei der Mycrobez AG. Unsere Vision ist es, kreislaufwirtschaftliche Werkstoffe auf den Massenmarkt zu bringen und somit einen grossen Beitrag im Kampf gegen die Plastikverschmutzung zu leisten.

Vielleicht möchtest Du uns Euer Startup, ganz zu Beginn unseres Interviews, kurz vorstellen?

Begonnen hat alles 2019 in einem Weinkeller, von wo aus wir unsere ersten Pilz-Biomüll-Verbindungen (Myzelkomposite) züchteten und diesen fantastischen Plastikersatz für uns entdeckten.

Wir werten diverse Bioabfälle auf, indem dass wir Pilzgeflecht (Myzel) darauf züchten. Die entstehenden Produkte sind steril und verfügen über anpassbare Materialeigenschaften. Somit können sie nahtlos Anwendungen aus der Verpackungs, Bau- und Designindustrie ersetzen. Der einzige Unterschied: Die restlose Zersetzung in Boden und Wasser.

Mit unseren Innovationen wollen wir eine Technologieplattform schaffen, die in diversen Industrien als Speerspitze für kreislaufwirtschaftliche Materiallösungen fungiert und eine funktionierende Bioökonomie ermöglicht.

Welches Problem wollt Ihr mit Mycrobez lösen?

Bis heute wird der Naturschaumstoff, das sogenannte Myzelkomposit, manuell hergestellt. Dadurch ist er im Vergleich mit erdölbasierten Materialien ein Vielfaches zu teuer für den Massenmarkt. Durch neuartige Ansätze im Herstellungsprozess will die Mycrobez AG die Produktion von Myzelkompositen automatisieren und somit Preis und Durchsatzvolumen in industrieller Grösse erreichen. Mit starken Partner*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politk setzen wir uns täglich dafür ein, einen nachhaltigen Materialstandard zu etablieren.

Wie ist die Idee zu Mycrobez entstanden ?

Wie bereits kurz erwähnt, begann unsere Reise in einem Weinkeller. Dort haben wir drei Schulfreunde Mosas, Jonas und ich unsere ersten erfolgreichen Experimente durchgeführt. Wir fanden heraus, dass aus Bioabfällen und Myzel ein kompostierbarer Schaumstoff gezüchtet werden kann, der materialeigenschaftlich bestehenden, schädlichen Anwendungen wie z.B. Styropor® in nichts nachsteht. Kurze Zeit nach dieser Entdeckung durften wir die ersten Forschungsprojekte mit Hochschulen lancieren und unser Team vergrössern. Schlussendlich gaben diese Entwicklungen den Startschuss für unsere Firmengründung.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Mycrobez erklären ?

Wir haben das Problem, dass momentan Unmengen an umweltschädlichem Abfall in der Natur landet und diese in Form von Mikroplastik zerstört. Ein Grossteil davon sind dabei Plastikverpackungen und dergleichen. Hier setzt Mycrobez an und kreiert eine Materialalternative, die qualitativ und preislich mit erdölbasierten Schaumstoffen mithalten kann, jedoch bei der Entsorgung kein Problem für die Natur darstellt.

Dieses multifunktionale und komplett biologisch abbaubare Material nennt sich Myzelkomposit. Eine Verbindung aus Biomüll und Pilzwurzeln (Myzel), die vor, während und nach dem Lebenszyklus nachhaltigen Mehrwert für Mensch und Umwelt bringt, indem dass sie z.B. nach ihrer Entsorgung geschädigte Böden renaturiert.

Hat sich Euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert?

Es erstaunt uns oft selbst, wie standhaft sich unser 2019 gefertigtes Konzept sowie die dazugehörige Strategie beweist. Selbstredend muss man als Start-up beweglich agieren, um sich dem sich schnell verändernden Markt anzupassen. So gab es auch bei uns verschiedene Änderungen in den Herangehensweisen der Umsetzung.

Jedoch blieb unsere Vision und die dazugehörige Mission eines vollautomatisierten Prozesses zur Herstellung von Myzelkomposit durchgehend die Gleiche. Wir haben grosses Vertrauen in unsere Strategie und bleiben dabei stets anpassungsfähig, um diese in die Realität umzusetzen.

Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell?

Das Endziel ist der Vertrieb von Prozesslizenzen über unsere Technologieplattform. Diese sollen es Hersteller*innen ermöglichen, selber vollautomatisiert und wirtschaftlich Myzelkomposite zu produzieren und diese an ihre Kund*innen zu vertreiben. Eingebettet werden die Lizenzen in ein profitables Kreislaufwirtschaftsmodell, das niedere Abfälle zu hochfunktionalen Werkstoffen aufwertet und die Lieferketten sicherstellt.

Wie genau hat sich Mycrobez seit der Gründung entwickelt ?

In den vergangenen Jahren sind wir personell stark gewachsen. Unsere wichtigste Ressource sind die Menschen hinter Mycrobez. Es freut uns sehr, dass wir gemeinsam mit einem unterdessen 18-köpfigen Team aus Fachleuten der Materialwissenschaft, Biologie sowie Labor- und Verfahrenstechnik mit Begeisterung an unserer Mission arbeiten. Nicht zuletzt hat sich ebenfalls unser Netzwerk stark weiterentwickelt und wir haben das Glück, heute von renommierten wissenschaftlichen Institutionen, dem Migros Pionierfonds sowie diversen branchenführenden Unternehmen unterstützt und beraten zu werden.

Wie groß ist Euer Startup inzwischen ?

18+ Mitarbeitende

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ?

Es war eine spezielle Herausforderung für uns, professionelle Strukturen zu etablieren und gleichzeitig die enge Bindung zwischen den einzelnen Teammitgliedern zu schützen. Ein weiteres Beispiel ist unser geplanter Umzug ins Basel-Land, der unerwartet kurz vor Baubeginn ins Wasser fiel. Durch tatkräftige Unterstützung aus unserem Umfeld konnten wir jedoch kurzfristig genug eine hervorragende Alternative finden. Alles in allem sind wir sehr gut auf Kurs und können unsere seit der Gründung definierten und iterierten Meilensteine stets zeitgerecht erreichen.

Was habt Ihr daraus gelernt?

Durch die fehlgeschlagene Expansion im Jahr 2023 wurden wir bestätigt, dass Flexibilität für ein Start-up überlebenswichtig ist. Es ist gegeben, dass man nur einen kleinen Teil der Erfolgsfaktoren eines Startups vollständig kontrollieren kann. Man muss das Beste aus den Karten machen, die einem zugespielt werden. Aus diesem Grund ist es ratsam, immer einen guten Plan B in der Rückhand zu haben.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?

Wir konnten bereits diverse Durchbrüche in unserer F&E erreichen, die uns auf unserer Mission massgeblich voranbrachten. Diese ermöglichen es uns heute, effizienter nachhaltige Materialien zu züchten und deren Eigenschaften im Rahmen von Leuchtturmprojekten in den jeweiligen Industrien zu demonstrieren.

Auch ist es uns bisher sehr gut gelungen, das Potenzial unserer Sache nach aussen zu tragen und das Interesse sowie die Akzeptanz für Pilzmaterialien in der Gesellschaft zu wecken.

Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate?

Wir werden weiter wachsen – und zwar in jeder Hinsicht. Vom Pilz hin bis zur Projektentwicklung. So erwarten wir einige neue Teammitglieder und eine Erweiterung unserer Infrastruktur. Um dies effizient, eröffnen wir ab Q2 2024 unsere dritte Finanzierungsrunde. Im Ergebnis soll die Forschung an unserer Prozessinnovation neue Meilensteine erreichen und höhere Produktionsvolumen demonstriert werden.

Vielen Dank für das Interview.

Previous post Green Monkey Club – ein grünes Äffchen erobert Salons und Badezimmer
Next post Moritz Schiller von Mycrobez

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Social profiles

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmen Sie dem zu.