Sedimentum – unterstützt bei einem natürlichen autonomen Leben

Hallo Sandro, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst ! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei Sedimentum kurz vor:

Mein Name ist Sandro Cilurzo und ich bin einer von vier Mitgründern von Sedimentum und bin als Geschäftsführer tätig. Unser Founding-Team besteht neben mir aus den folgenden drei Persönlichkeiten:

Immanuel Zerbini ist unser CTO und führt das gesamte technische Team, Eugenie Nicoud ist unsere COO und ist verantwortlich für die operative Geschäftsführung, zu guter Letzt ist noch Roman Böhni, unser Anwalt und VR Mitglied, welcher für alle rechtlichen Anliegen zuständig ist.

Vielleicht möchtest Du uns Euer Startup, ganz zu Beginn unseres Interviews, kurz vorstellen ?

Wir haben die erste kontaktlose Lösung zur Sturz- und Notfallerkennung im Gesundheitswesen entwickelt, ohne dabei die Privatsphäre zu gefährden.

Die Sedimentum AG ist ein Healthcare Startup, welches einen technologischen Schutzmechanismus zur Gewährleistung der physischen Sicherheit von unbeaufsichtigten Personen entwickelt hat. Diese Lösung eignet sich unter anderem zur Unterstützung sowie Entlastung des Pflegepersonals in psychiatrischen Kliniken, Pflegeheimen für ältere Menschen und andere Dritte. Diese Obhutspersonen werden in Echtzeit über Unregelmässigkeiten (bspw. Stürze) informiert und dadurch befähigt, rechtzeitig die notwendigen Massnahmen zum Schutz der unbeaufsichtigten Personen zu ergreifen.

Welches Problem wollt Ihr mit Sedimentum lösen ?

Jährlich stürzen allein in der Schweiz 80’000 ältere Menschen in ihrem jeweiligen Wohnraum. Rund 1’400 der Betroffenen sterben an den Folgen des Sturzes. Dabei gelten nicht nur die über 80-jährigen als besonders sturzgefährdet. Menschen mit Epilepsie, Patienten in stationär oder ambulant psychiatrischer Behandlung, jüngere Senioren oder auch Kleinkinder sind von solchen gesundheitsgefährdenden Ereignissen ebenso betroffen. Schutzbedürftige Menschen gibt es viele – intelligente Lösungen zu deren Schutz bis heute keine. Eine lückenlose Betreuung durch Dritte ist ressourcenintensiv, deshalb kostspielig und somit meistens nicht möglich. Die physische Sicherheit von schutzbedürftigen Menschen kann in individuellen Wohnräumlichkeiten nicht während 24 Stunden gewährleistet werden. Diese Problematik besteht in Privat- und Alterswohnungen, Altersresidenzen, Pflege- und Betreuungseinrichtungen, Psychiatrien sowie anderen Organisationen im Gesundheitswesen. Wir wollen mit unserer technologischen Lösung das Leben von Tausenden von Menschen komplett automatisiert sicherer und autonomer machen.

Wie ist die Idee zu Sedimentum entstanden ?

Bevor Sedimentum war ich in einer psychiatrischen Klinik als IT-Sicherheitsverantwortlicher tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit war ich zudem Mitglied eines Think Tanks in welchem nebst mir, Kadermitglieder und Fachexperten aus dem Bereich Medizin und Pflege vertreten waren. Meine Aufgabe bestand darin, technologische Expertise beizusteuern und damit als technologischer Berater zu agieren. Ganz konkret formuliert war das so: die Vertreter aus der Medizin und Pflege traktandierten Probleme und Herausforderungen aus ihrem beruflichen Alltag und ich evaluierte darauf basierend neue technologische Lösungsansätze, welche diese Probleme lösen sollten. Ja und genau bei einer solchen Think Tank Sitzung kam dann mir die zündende Idee für Sedimentum.

Eine der Hauptherausforderung einer jeden Psychiatrie, ist die unterbrechungsfreie Gewährleistung der Patientensicherheit. Es gibt immer Zeitabschnitte, in welchen die Patienten auf sich selbst gestellt sind, doch gerade in der Nacht müssen diese sehr lange ohne Betreuung auskommen. Der Personalschlüssel in der Nacht ist äusserst knapp bemessen – oftmals eine einzelne Pflegefachperson. Es ist für das diensthabende Pflegepersonal eigentlich unmöglich, immer zu richtiger Zeit am richtigen Ort zu sein.

Des Weiteren sind selbstverständlich die Anforderungen betreffend Privatsphäre und Datenschutz im psychiatrischen Umfeld (bzw. Gesundheitswesen) sehr hoch, weshalb die bestehenden oder auch neuartigen technologischen Lösungen, nicht in Frage kommen. Kameras, Mikrophone und Wearables sind ein absolutes No-Go. Daraus entstand dann Sedimentums Lösung zur kontaktlosen Sturz- und Notfallerkennung, welche anonymisierte Daten verarbeitet und damit die Privatsphäre bestmöglich schützt.

Wie würdest Du Deiner Großmutter Sedimentum erklären ?

Sedimentum hat einen kontaktlosen Sturzmelder entwickelt, welcher an der Wand oder Decke angebracht wird und kontaktlos (ohne Tragen eines Gerätes) alle Arten von Stürzen automatisch erkennt, ohne aktiv einen Alarm auslösen zu müssen. Ähnlich wie ein Brandmelder, jedoch für Stürze.

Hat sich Euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert ?

Nein, das Konzept ist das gleiche wie bei Tag 0. Wir haben zwischenzeitlich jedoch etliche weitere Anwendungsfälle identifiziert. Unser Kunden-, und Marktverständnis hat sich natürlich ebenfalls erheblich verbessert, weshalb unsere Lösung besser ist als je zuvor.

Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell ?

Unsere Lösung besteht aus einem Sensor-Device und einer dazugehörigen Software. Die Software gibt es in unterschiedlichen Varianten, was zu verschiedenen Up-Selling Möglichkeiten führt. Das Revenuemodell basiert somit auf einem modularen SaaS-Modell (Software as a Service) und dem Verkauf von Hardware. Sedimentum verkauft lediglich ein Hardwaretyp, dank der modularen Software sind aber mehrere unterschiedliche Anwendungsbereiche möglich.

Wie genau hat sich Sedimentum seit der Gründung entwickelt ?

Unser Startup ist personell gewachsen, wir sind professioneller und natürlich besser geworden. Wir haben Strukturen definiert, eine funktionierende Organisation geschaffen und vor allem eine starke Unternehmenskultur entwickelt, welche nachhaltig ist. Unser Produkt ist selbstverständlich reifer geworden und wir haben ein tieferes Kunden-, und Marktverständnis erlangt.

Wie groß ist Euer Startup inzwischen ?

Mittlerweile haben wir 7 Vollzeitstellen, eine erste Finanzierungsrunde abgeschlossen und mehrere laufende Proof-of-Concept‘s mit potenziellen Kunden aus dem psychiatrischen Umfeld, der Alterspflege und dem betreuten Wohnen.

Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ? Was habt Ihr daraus gelernt ?

Die zwei grössten Herausforderung waren regulatorische Anforderungen und technische Unsicherheiten. Die technischen Unsicherheiten konnten wir dank unserem kompetenten Team lösen und haben dadurch unsere Lösung massiv verbessern können. Dies ist vor allem für unsere Kunden ein enormer Mehrwert. Die regulatorischen Anforderungen waren vor allem im letzten Jahr eine Challenge. Leider hatten wir nicht immer die passenden Berater zur Seite, die uns dann viele Ressourcen gekostet haben.

Jedoch war und ist eines unserer Hauptkredos immer alles zu hinterfragen. Auch Experten können sich irren. Deshalb sind wir damals noch einmal zurück zum Start haben uns Zweit- und Drittmeinungen eingeholt und zeitgleich uns selber mit der regulatorischen Thematik vertieft auseinandergesetzt. So konnten wir eine regulatorische Strategie erarbeiten, welche funktioniert und zielführend ist.

Unser Hauptlearning ist somit: alles hinterfragen, zu challengen und vor allem Ruhe zu bewahren. Nach einer gesunden Portion Schlaf sieht man die Sachlage wieder klarer und man kann sich als Team den Problemen annehmen – eine Lösung gibt es immer. Wir rechnen deshalb lieber etwas mehr Zeit ein, als etwas schnell durchzuwinken.

Und wo habt Ihr bisher alles richtig gemacht ?

Beim Aufbau von unserem Team und unser tiefes Kundenverständnis. Wir haben ein wirklich tolles Team mit engagierten Mitarbeitern, die wir als Co-Owner sehen und so auch fordern und fördern. Zudem haben wir ein breit aufgestelltes Advisoryboard mit Experten aus dem Pflege-, Psychiatrie- und Spitexbereich. Aus diesem Grund haben wir immer auch ein direktes Marktfeedback und können viel schneller und besser auf unsere Kunden eingehen.

Wie ist Euer Startup finanziert ?

Wir hatten im Januar eine Pre-Seed-Finanzierungsrunde abgeschlossen und sind aktuell mitten in einer Seed-Finanzierungsrunde, damit wir den Schweizer Markteintritt im Frühling 2021 sicherstellen können.

Was sind Eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?

Die nächsten 12 Monaten werden wie folgt aussehen:

  • Erfolgreicher Abschluss der Proof-of-Concept Projekte mit unseren Kunden und Optimierung der Lösung.
  • Industrielle Fertigung unserer Hardware
  • Markteintritt Schweiz

Vielen Dank für das Interview.

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